Tool statt Talent? Besser nicht.
Bedeutet KI das k.o. für Kompetenz?
Warum der Glaube, man könne künftig alles selbst machen, mehr verunsichert als befreit – und warum Expertise auch in Zeiten der künstlichen Intelligenz unverzichtbar bleibt.
Keine Frage – es ist faszinierend, welche Möglichkeiten wir heute haben. Aber was zunehmend irritiert, ist die Art, wie leicht die KI verkannt wird: als Allheilmittel. Als Zauberstab für alle. Als Shortcut zum Expertenstatus.
Ich liebe KI. Wirklich. Vor allem große Sprachmodelle wie ChatGPT, weil sie meine Arbeit nicht nur schneller machen, sondern oft ebenso inspirierend sind wie ein gutes Brainstorming mit Kollegen. Und – ganz ehrlich – es macht einfach Spaß, Ideen zu verfeinern und gemeinsam mit der KI zu Ergebnissen zu kommen, die sonst vielleicht nie entstanden wären.
Die Mär vom Alleskönner
Es klingt verlockend: ein paar Tools, ein passender Prompt, etwas Zeit – fertig ist der Werbetext, das Bild, die Anzeige. Technisch möglich? Klar. Aber Qualität entsteht nicht per Knopfdruck.
Ein Kommunikationsdesigner bringt ein ganz anderes Verständnis von Wirkung und visueller Sprache mit. Ein Sprachwissenschaftler schreibt anders als jemand, der „mal eben“ etwas zusammenstellt. Und genau deshalb ist die Vorstellung gefährlich, man könne mit KI plötzlich alles selbst machen – weil sie Profis überflüssig erscheinen lässt. Doch das Gegenteil ist der Fall: KI ist kein Ersatz, sie ist ein Verstärker – für alle, die wissen, was sie tun.
Kompetenz bleibt unverzichtbar
Nicht jeder ist plötzlich Social-Media-Manager, Copy Writer oder Designer. Und das ist auch gut so. Denn die eigentliche Arbeit leidet, wenn man sich nebenher noch mit Dingen befasst, für die andere bessere Fähigkeiten mitbringen. Nur weil es technisch möglich ist, heißt das noch lange nicht, dass es sinnvoll ist. Und es sorgt nicht selten für Ablenkung vom Wesentlichen – von den eigenen Talenten, der eigentlichen Aufgabe, der eigenen Expertise, dem eigenen Kernthema.
Ich lese z. B. in einem Newsletter für Handwerksbetriebe die Einladung zu einem Webinar:
„Werbeanzeigen, die Kunden und Bewerber bringen“. Geschrieben werden solche Newsletter wahrscheinlich von Menschen, die überwiegend am Computer arbeiten und im Traum nicht auf die Idee kämen, ihre Wasserleitungen selbst zu verlegen, geschweige denn das Talent dazu hätten. Aber umgekehrt – scheinbar kein Problem!
Warum nicht. Ein versierter Sanitärfachmann, der gerade im Keller wichtige Rohre repariert hat, lernt nach Feierabend noch schnell, wie man Werbetexte schreibt, visualisiert das Ganze mit Midjourney, schaltet Ads auf Meta – und freut sich auf neue Kunden. Weil’s ja jetzt angeblich jeder kann.
Spoiler: Kann eben nicht jeder. Eine KI liefert nur so gute Ergebnisse, wie der Mensch davor sie einsetzen kann. Wer nicht weiß, was er will, bekommt bestenfalls Mittelmaß. Und das merkt man – vielleicht nicht bewusst, aber man spürt es: Das Ergebnis ist weniger individuell, weniger überzeugend, weniger wertig.
Und plötzlich fühlst du dich rückständig ...
Was oft ebenfalls übersehen wird: Die Botschaft, jetzt könne und müsse jeder alles selbst machen, verunsichert viele. Vor allem jene, die mit ganz anderen Aufgaben und Talenten unterwegs sind. Plötzlich steht im Raum: Wenn du das nicht kannst, bist du wohl nicht mehr „up to date“. Oder – schlimmer noch – von der Konkurrenz bald abgehängt.
Dabei ist es keine Schwäche, nicht alles selbst machen zu wollen. Im Gegenteil: Es ist klug. Wer sich nämlich auf das konzentriert, was er wirklich kann, erzielt am Ende die besseren Ergebnisse.
Werkzeug statt Wunderwaffe
KI ist ein Werkzeug. Und wie bei jedem Werkzeug macht es einen Unterschied, wer es nutzt. In den Händen von Profis wird ein Tool zum Booster – für Effizienz und Qualität.
Was nicht funktioniert: Menschen glauben zu machen, sie müssten jetzt alles selbst erledigen. Das führt nicht zu mehr Freiheit, sondern zu Stress – und lenkt ab vom Wesentlichen: der eigenen Kompetenz.
Fazit? Ganz einfach:
KI kann vieles. Aber sie ersetzt nicht das, wofür Menschen Erfahrung, Ausbildung und Leidenschaft mitbringen. Sie macht nicht automatisch jeden zur Kreativkraft. Und sie macht Mittelmaß nicht automatisch zu Qualität. Es ist klug, sich auf das zu konzentrieren, was man wirklich kann – und sich für alles andere gute Unterstützung zu holen. Auch – oder gerade – mit KI.
PS: Das Bild – man ahnt es schon – wurde ausschließlich mit KI erstellt. Wohlgemerkt zu Testzwecken ohne selbst die Idee vorzugeben oder korrigierend einzugreifen, also wie es auch ein ungeübter Laie könnte. Ich habe dazu chatGPT nach einer passenden Bildidee für diesen Artikel und einem präzisen Bildbriefing für Midjourney gebeten. Ob das Ergebnis überzeugt?
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